Physikum: Aufbau, Zulassung, Prüfung
Wer Ärztin oder Arzt werden möchte, muss zwingend ein Medizinstudium an einer Universität absolvieren. Dieses stellt junge Leute vor manche Herausforderung, eine davon ist der 1. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (Physikum). Nicht wenige Studierende scheitern daran, weil sie sich vorher ungenügend informiert oder vorbereitet haben. Damit dir das nicht passiert, klären wir dich im Folgenden umfassend darüber auf.
Was ist das Physikum?
Der 1. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung, auch 1. Staatsexamen, wird als Physikum bezeichnet. Insgesamt müssen Medizinstudierende 3 Staatsexamen absolvieren. Das 1. Examen wird nach mindestens vier Semestern Studium auf der Grundlage der Approbationsordnung für Ärzte (ÄAppO) abgelegt. Im Gegenstandskatalog für den 1. Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (GK1) ist geregelt, was inhaltlich geprüft wird.
Worin besteht das Ziel des Physikums?
Der Zweck des Physikums liegt in der Vermittlung von möglichst viel Theorie aus den wichtigsten Fachgebieten. Es bildet die Grundlage des Medizinstudiums und schließt die Vorklinik ab. Studierende, die in der Lage sind, die Lerninhalte ordentlich zu bewältigen, werden später weniger Probleme haben, das breit gefächerte Wissen mit praktischen Fähigkeiten zu verbinden. Die Note des Physikums ist nicht nur entscheidend für die Weiterführung des Medizinstudiums, sie geht zu einem Drittel in die Gesamtnote der ärztlichen Examina ein. Die gelungene Prüfung ist Grundbedingung für die Teilnahme am 2. Staatsexamen.
Welche Voraussetzungen gelten für das Physikum?
Für die Zulassung zum Physikum müssen die erforderlichen Studienabschnitte und Praktika absolviert sein:
- die ersten beiden Jahre des Medizinstudiums (Vorklinik),
- erfolgreiche und bestätigte Teilnahme an den vorgeschriebenen Lehrveranstaltungen, einschließlich Wahlfach,
- Krankenpflegepraktikum von 3 Monaten, insgesamt 90 Tage,
- Erste-Hilfe-Kurs über 8 Doppelstunden.
Hat sich ein Studierender als ungeeignet für den Arztberuf erwiesen, sei es durch Unzuverlässigkeit, Alkohol- oder Drogenprobleme bzw. aufgrund hoher krankheitsbedingter Ausfallzeiten, kann er für das 1. Staatsexamen abgelehnt werden.
Was wird geprüft?
Die Prüfung umfasst zwei Teile: einen schriftlichen und einen praktischen Teil in mündlicher Form. Die schriftliche Prüfung findet bundeseinheitlich mit den gleichen Fragen am selben Tag statt. Im Herbst 2021 sind das die Tage 17. und 18.08.2021 sowie im Frühjahr 2022 der 15. und 16.03.2022. Nur, wenn beide Teile bestanden sind, kann das Medizinstudium fortgesetzt werden. Die Bestandteile werden dabei getrennt betrachtet. Wer den schriftlichen Teil nicht besteht, muss lediglich diesen nachholen, frühestens im folgenden Semester. Nach Scheitern darf der nicht bestandene Teil des Physikums bis zu zweimal wiederholt werden. Bestehst du die Prüfung oder einen Teil davon dreimal nicht, musst du das Studium beenden, denn du wirst für weitere Ärztliche Prüfungen in Deutschland gesperrt.
Welche Fächer umfasst die Prüfung?
Die Studierenden haben im schriftlichen Teil Fragen zu folgenden Themenkomplexen zu beantworten:
- Physik und Physiologie,
- Chemie und Biochemie/Molekularbiologie,
- Biologie und Anatomie,
- Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie.
Der mündlich-praktische Teil beschränkt sich auf die Fächer:
- Anatomie,
- Biochemie/Molekularbiologie und
- Physiologie.
Physik sowie Chemie und Biologie sind für Medizinstudierende Grundlagenfächer, die insbesondere auf ihrem Schulwissen aufbauen. Die Physiologie lehrt, wie die Systeme des menschlichen Körpers funktionieren und ineinandergreifen. In der Biochemie/Molekularbiologie stehen die Hormon- und Stoffwechselkreisläufe des Menschen im Mittelpunkt. Die Anatomie ist das umfangreichste und bedeutsamste Prüfungsfach. Es geht darum, Aufbau und Struktur des Bewegungsapparats, der inneren Organe und des Nervensystems anhand der Sezierung von Leichen kennenzulernen. In den Fächern Medizinische Psychologie und Soziologie wird das Entstehen von psychischen Krankheiten und Persönlichkeitsstörungen im privaten und gesellschaftlichen Kontext behandelt.
Wie läuft die Prüfung ab?
Zweimal im Jahr haben Medizinstudierende die Möglichkeit, an der schriftlichen Prüfung teilzunehmen. Der schriftliche Teil beruht auf dem Multiple-Choice-Prinzip, 5 Auswahlmöglichkeiten stehen zur Verfügung. Die zutreffenden Antworten sind anzukreuzen, die künftigen Mediziner:innen müssen sich daher rasch entscheiden. Insgesamt müssen 320 Fragen bearbeitet werden. 100 Fragen umfasst das Themengebiet Biologie und Anatomie, 60 Fragen die Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie. Jeweils die Hälfte der restlichen 160 Fragen entfallen auf die Fachgebiete Physik und Physiologie sowie Chemie und Biochemie/Molekularbiologie. Die letztgenannten Fragestellungen sind Gegenstand des ersten Prüfungstags. Geprüft wird an zwei aufeinanderfolgenden Tagen mit einer Dauer von jeweils 4 Stunden. Die Prüfungsaufgaben stammen vom Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP). Nach einer zentralen Auswertung erhältst du die Prüfungsergebnisse ungefähr einen Monat später nach Hause geschickt.
In der mündlichen Prüfung müssen sich die Studierenden einer Prüfungskommission von drei bis vier Dozenten der Universität stellen, an der sie immatrikuliert sind. Die mündliche Prüfung findet in Gruppen zu maximal vier Prüflingen statt. Die Befragung jedes Einzelnen dauert 45 bis 60 Minuten, die sich gleichmäßig auf die Prüfungsfächer verteilt. Die Fragen beziehen sich jedoch nicht nur auf die Prüfungsfächer, sie umfassen auch fächerübergreifende Zusammenhänge. Zuvor bekommen die Studierende eine praktische Aufgabe, mit der sie sich 30 Minuten lang auseinanderzusetzen haben. Die zu Prüfenden müssen erste praktische Fähigkeiten nachweisen, beispielsweise beim Mikroskopieren sowie Auswerten und Erläutern von Grafiken bzw. Fallbeispielen.
Wie ist deren Schwierigkeitsgrad einzuschätzen?
Weiter geht es mit deinem Studium lediglich, wenn du das 1. Staatsexamen schaffst. Du hast die Prüfung bestanden, wenn du im mündlichen Teil in allen drei Prüfungsfächern mindestens die Note „Ausreichend“ erhältst. Schriftlich müssen wenigstens 60 Prozent der Fragen (ca. 190 Fragen) fehlerfrei beantwortet sein oder du darfst mit deiner Punktzahl nicht mehr als 22 Prozent von der durchschnittlichen Punktzahl der Erstprüflinge nach unten abweichen. Dafür können erfahrungsgemäß schon etwas mehr als 50 Prozent ausreichen. Die Ergebnisse der beiden Prüfungsteile gehen zu gleichen Teilen in die Prüfungsnote ein.
Obwohl die Durchfallquote in der 1. Ärztlichen Prüfung mit rund 10 Prozent äußerst gering ist, gilt die Prüfung als sehr schwer für angehende Mediziner:innen. Bei genauerer Betrachtung fallen die Durchfallquoten an den einzelnen Universitäten in Abhängigkeit von der Anzahl der teilnehmenden Studierenden sehr unterschiedlich aus. Sie lagen beispielsweise im Herbst 2016 laut IMPP zwischen 2,4 und 80 Prozent. Je weniger Studierende an der Prüfung teilnahmen, desto schlechter war die Durchfallquote. Im Durchschnitt waren es jedoch im Zeitraum 2005 bis 2015 nur zehn Teilnehmer, die das Physikum nicht bestanden haben. Viel mehr Studierende entscheiden sich noch während der Vorklinik und vor der Prüfung, in eine andere Fachrichtung zu wechseln und ihr Medizinstudium abzubrechen.
Welche neuen Entwicklungen gibt es im Medizinstudium?
Demnächst profitierst du von einer Reform des Studiengangs Medizin in Deutschland. 2017 wurde aufgrund eines Jahre zuvor erkannten Reformbedarfs ein sogenannter Masterplan 2020 für Medizinstudierende verabschiedet, der nun schrittweise umgesetzt wird. Ein Ziel des Masterplans 2020 besteht in der Stärkung der Praxisnähe des Medizinstudiums. Das betrifft ebenso die Prüfungen. Bei praktischen Prüfungen kommen in Zukunft standardisierte Checklisten zum Einsatz. Die Lernziele sollen stärker auf den Kompetenzen der Studierenden aufbauen. Das geschieht durch eine schriftliche Prüfung nach 4 Semestern und eine mündlich-praktische Prüfung nach 6 Semestern, damit vorklinisch-theoretisches und klinisches Wissen besser kombiniert werden können. Somit wird es zukünftig keine klassische Trennung Vorklinik und Klinik mehr geben.
Was solltest du während der Prüfungsvorbereitung bedenken?
- Du kannst erst an der Prüfung teilnehmen, wenn du dich beim zuständigen Landesprüfungsamt (LPA) anmeldest. Dies muss bis jeweils 10.01. oder 10.06. erfolgen.
- Du benötigst für die Anmeldung obligatorische Nachweise: Personalausweis, Geburtsurkunde, Abiturzeugnis, Studienbescheinigung über mindestens vier Semester, vorgeschriebene Scheine der Vorklinik, Bescheinigungen über absolvierten Krankenpflegedienst und Erste-Hilfe-Kurs.
- Danach erhältst du vom LPA eine Bestätigung zur Prüfungsanmeldung und eine Einladung zur Prüfung mit Termin, Ort bzw. für den mündlichen Teil den Prüfern.
- Beginne rechtzeitig mit der Vorbereitung. Lass dich vom Lerntempo anderer Studierenden jedoch nicht beeinflussen, geh deinen eigenen Weg. Je mehr du das schriftliche Ankreuzen übst, desto bessere Ergebnisse erzielst du.
- Die Prüfungsprotokolle vergangener Jahre können dir bei der mündlichen Prüfung nützlich sein. Die Dozenten an deiner Uni präferieren oft bestimmte Themen und Fragen, die immer wieder oder in ähnlicher Weise vorkommen. So kannst du dich gezielter vorbereiten.
- Gemeinsames Lernen mit Kommilitonen nach bestimmten Themen fördert das Verständnis von fachübergreifenden Zusammenhängen. Lass dir von höheren Semestern geeignete Literatur zum Lernen empfehlen.
Worauf kommt es in der Vorbereitung an?
Du kannst selbst viel dazu beitragen, damit sich das Physikum nicht zum unüberwindbaren Hindernis in deinem Medizinstudium aufbaut. Die Zwischenprüfung erfordert neben viel Wissen eine hohe Konzentration. Befolge jene Regeln, die du später einmal deinen Patienten zum Thema gesunde Lebensführung erläutern wirst. Achte auf eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Schlaf in der Prüfungsvorbereitung. Treibe Sport oder nutze ein anderes Hobby zum Abschalten. Auch Familie und Freunde können dich auf andere Gedanken bringen. Schaust du ununterbrochen in die Bücher, wirst du unweigerlich einmal an den Punkt kommen, an dem du glaubst, nichts mehr zu beherrschen.
Bewährt hat sich ein Plan, wann du mit den Prüfungsvorbereitungen beginnst und wie du die Wochen ausgestaltest. Rechtzeitig anzufangen, lässt dich entspannter mit dem Umfang der Fragen umgehen. Am besten startest du gleich zu Beginn des 4. Semesters. Dann solltest du auch ein Examen probeweise mit den Fragen aus früheren Prüfungen abkreuzen. So findest du heraus, wo sich deine größten Lücken befinden und in welchen Themen du schon relativ sicher bist. Zur Vorbereitung kannst du aktuelle Skripte, Lehrbücher und vergangene Prüfungsfragen im Archiv des IMPP oder entsprechende Angebote aus dem Internet wie Podcasts nutzen.
Sprich einfach einmal Studierende deiner Uni an, die das Examen schon hinter sich und daher praktische Tipps aus der Perspektive Betroffener parat haben. Lisa bekam von Sebastian den Hinweis, in der Prüfung genug Pausen einzuplanen und ihre Antworten sofort auf den Antwortbogen zu übertragen, damit ihr nicht später die Zeit dafür fehlt. Und die Fragen, bei denen sie sich unsicher ist, sollte sie mit einem Textmarker hervorheben, um sie schnell wiederzufinden. Doch lass dich von den höheren Semestern nicht nervös machen. Sie sind das beste Beispiel dafür, du kannst das 1. Staatsexamen genauso meistern.
Was ist für Medizinstudierende noch wichtig?
Das 1. Staatsexamen kann man zusammenfassend als Meilenstein auf dem Weg zum:r Arzt:Ärztin bezeichnen. Wer das Physikum geschafft hat, weiß in der Regel genau, dass der Arztberuf für ihn der richtige ist. Damit ist der entscheidende Schritt zur Verwirklichung deiner beruflichen Träume getan, weil die ursprünglich als schwierigstes Kapitel angesehene Prüfung schon hinter dir liegt. Daher solltest du dir spätestens jetzt Gedanken über deine finanzielle Absicherung während des Berufslebens machen.
Als Arzt:Ärztin kannst du ohne weiteres mit Haftungsfragen in Berührung kommen. Aufgrund von Fehldiagnosen und fehlerhaften Behandlungen kannst du mit Schadensersatzansprüchen konfrontiert werden, die dich finanziell überfordern. Auch deine eigene Gesundheit ist ein hoher Wert, der gegen die Folgen von Krankheiten, Invalidität und Einkommensausfall abgesichert werden muss. Dafür ist eine gute Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) erforderlich. Informiere dich frühzeitig über deinen individuellen Schutz gegen finanzielle Schäden, die du nicht allein mit deinem Einkommen oder Vermögen abdecken kannst. Je eher du beispielsweise eine BU abschließt, desto günstiger bleiben die Beiträge während deiner Berufslaufbahn. Wende dich deshalb an Fachleute, die dich nicht nur zu notwendigen Versicherungen beraten, sondern sich damit auskennen, was Ärzte brauchen, weil sie diese über ihre gesamte Karriere hinweg begleiten.