Impfärztin an einem Impfzentrum - ein Interview

Corona Impfung: Weiteres Interview mit einer Impfärztin

Impfärztin in einem Impfzentrum zu Zeiten von Corona – wie ist das eigentlich und gibt es Unterschiede zwischen den einzelnen Impfzentren und auch den Bundesländern? Wir haben ein zweites Interview mit einer Impfärztin geführt und noch mehr Informationen über die Corona Impfung für euch gesammelt. Viel Spaß beim Lesen!

Corona-Impfung – FAQ’s über die Tätigkeit als Impfärztin

Wie bist du dazu gekommen in einem Impfzentrum zu arbeiten?

Ich habe mich zu Pandemiebeginn freiwillig beim örtlichen Gesundheitsamt gemeldet und meine Mithilfe angeboten.
Ich arbeitete als Fallbearbeiterin, ab 01.06.2020 als CTT-Koordinatorin. Mein Vertrag endete zum 30.11.2020. Bei der Suche nach einer neuen Stelle stieß ich auf die Stellenanzeige des hiesigen Impfzentrums. 3h nach meiner Bewerbung erhielt ich eine schriftliche Zusage per Mail.Ich bin im Impfzentrum als Ärztin freiberuflich tätig, erhalte nach Rechnungsstellung die geleisteten Stunden bezahlt. Dabei ist noch keine Lohnsteuer entrichtet.
An Sozialabgaben fällt nur die Krankenversicherung an, da alle Impfärzte im Jahr 2020 und 2021 vom Bundestag sozialversicherungsfrei gestellt wurden.

Seit wann arbeitest du dort?

Ich bin tatsächlich seit dem 27.12.2020 dort tätig. Mein erster Dienst war am 01.01.2021. Jeder Dienst dauert 10 Stunden von 8 bis 18 Uhr. Wir impfen an 7 Tagen die Woche.

Wie lange wirst du noch dort arbeiten?

Das Impfzentrum wird auf jeden Fall bis Ende Juni laufen, evtl. auch bis Ende des Jahres 2021.

Wie sieht ein klassischer Arbeitstag aus?

Wir betreiben im Impfzentrum selbst 11 Arztzimmer, impfen zusätzlich noch in 5 mobilen Teams in Einrichtungen und privaten Haushalten im Landkreis. Zur Zeit bauen wir noch eine Außenstelle mit 4 Arztzimmern im nördlichen Landkreis auf.
Der Leiter unseres Impfzentrums ist mit zwanzig Jahren der jüngste Leiter Deutschlands. Unser Impfzentrum befindet sich in einem stillgelegten Sparkassengebäude, das dem Landkreis gehört und außerdem das Testzentrum sowie das CTT beherbergt.

Der Tagesablauf eines mobilen Impfteams

Ein mobiles Team besteht normalerweise aus einem Arzt oder einer Ärztin, einer medizinischen Fachkraft (Krankenschwester, Arzthelferin, Sanitäter:in, Medizinstudent*in) und einer Verwaltungskraft.
Morgens erhalten wir in der Frühbesprechung unseren Auftrag für den Tag. Wir führen als erstes bei jedem Mitarbeiter, der rausfahren wird, einen Schnelltest durch. Das mache ich meistens, weil ich den Abstrich angeblich am sanftesten ausführe.

Nach den Abstrichen

Wir treffen uns in unserer Wache, wo wir genauere Instruktionen erhalten, anschließend unsere benötigten Utensilien packen. Das sind ein EKG mit Defibrillator, ein Notfallrucksack und 4 Kisten mit allem benötigten Material von Spritzen über Schutzausrüstung bis hin zum Drucker und Stempeln. Als letztes nehmen wir unsere elektrische Kühlbox mit Impfstoff mit.

Wir steuern unser Ziel zur vereinbarten Uhrzeit mit einem unserer 5 Fahrzeuge an, die wir von einem hiesigen Autohaus gekauft haben. Zur Zeit impfe ich viel in einer großen Behinderteneinrichtung mit Werkstätten, Kindergarten und Schule. Sowohl die Beschäftigten als auch das Personal sind zur Impfung angemeldet. Oft sind es bis zu 160 Impfungen, die dann mit 2 Teams erledigt werden müssen.

Der alternative Einsatz ist die Impfung einer immobilen Person in einem Privathaushalt. Dorthin fahre ich nur mit einer medizinischen Fachkraft. Die Tour mit ca. 8 Impflingen ist vorher von den Zielen her geplant.
Wir müssen mit unserem Equipment in das Haus oder die Wohnung der zu impfenden Person kommen. Ich führe ein ärztliches Gespräch und eine Impfaufklärung durch, während mein Helfer/ meine Helferin die Personalien und Antworten zu den Gesundheitsfragen in das nötige Programm einspeist. Nach der Impfung, die zur Zeit immer mit Biontech stattfindet, bleibe ich noch 20 Minuten bei dem Patienten, um sicher zu gehen, dass er keine anaphylaktische Sofortreaktion erleidet. In dieser Zeit rede ich mit dem Impfling und erledige Formalitäten wie Unterschriften und das Ausfüllen des Impfpasses.

Wenn wir mit unserem Auftrag fertig sind, kehren wir ins Impfzentrum zurück, ordnen die Unterlagen und heften sie alphabetisch in einem Tagesordner ab. Auch eine Statistik wird geführt. Ferner müssen unsere Bestände kontrolliert und wieder aufgefüllt werden.

Um ca. 17.30 Uhr erfolgt eine Abschlussbesprechung mit unserem Chef und allen Mitarbeitern, die an diesem Tag im Einsatz waren. Es gibt Lob und Kritik, Wünsche und Anregungen.

Was gefällt dir an deiner Arbeit am besten?

Mir gefallen die Gespräche mit den Patienten am besten. Fast genauso wertvoll finde ich die zahlreichen Kontakte mit den anderen Mitarbeiter*innen des Impfzentrums. Bei uns arbeiten 150 Ärzt*innen, 100 med. Fachkräfte und 50 Verwaltungskräfte, die aus den verschiedensten Bereichen des Gesundheitssystems und anderen Berufen kommen und aus allen Altersgruppen sind. Alle arbeiten hier freiwillig mit einem großen Ziel, so dass ein guter freundschaftlicher Zusammenhalt gewachsen ist.

Wie nehmen die Patienten/innen Eure Arbeit auf?

Die meisten Menschen sind sehr glücklich, wenn sie geimpft werden. Diskussionen gibt es gelegentlich über den verwendeten Impfstoff, den man als Impfling nicht aussuchen kann.

Treten häufig Impfreaktionen auf?

Wir erfahren bei den Zweitimpfungen von den stattgehabten Impfreaktionen, die sich mit der Literatur decken. Ich habe auch unsere ersten 150 Impflinge, die Astra Zeneca erhielten, persönlich angerufen 3 Tage nach der Erstimpfung, um von evtl. Impfreaktionen zu erfahren. Diese lagen mit 85 % noch deutlich höher als in der Literatur angegeben. Betroffen sind vor allem junge Leute zwischen 20 und 40 Jahren, ab 60 Jahren treten praktisch keine Reaktionen mehr auf.

Die Reaktionen sind neben den Lokalreaktionen fast immer grippaler Natur. Die Leute bekommen Kopf- und Gliederschmerzen, Schüttelfrost und Fieber, selten auch Übelkeit und Durchfall.

Bist du selbst schon geimpft?

Ja, ich wurde an meinem ersten Arbeitstag mit Comirnaty von Biontech geimpft und hatte keinerlei Krankheitserscheinungen.

Welche Stationen gab es bisher in deinem Berufsleben?

Ich arbeitete nach meinem Studium knappe 10 Jahre in einem Krankenhaus der 3. Versorgungsstufe vorwiegend in der Chirurgie, später im Wechsel in allen drei Hauptabteilungen (Chirurgie, innere Medizin, Gynäkologie und Geburtshilfe) im Rahmen meiner Weiterbildung für Allgemeinmedizin. Nach einer langen Familienzeit von fast 20 Jahren, in denen ich drei Töchter großzog, begann ich, Koronarsportgruppen in Sportvereinen ärztlich zu betreuen. Insgesamt besuchte ich 8 Gruppen wöchentlich in drei verschiedenen Vereinen.
Diese Tätigkeit musste ich 2020 in der Woche des ersten Lockdowns vom 13. März 2020 einstellen, da ich es ja nur mit vulnerablen Risikogruppen zu tun hatte.

Was möchtest du uns sonst noch mitteilen?

Ich mag die Pandemie, das zugehörige Virus liebe ich jedoch nicht.
Diese medizinische Notlage hat mir zu einer späten Rückkehr in meinen geliebten Beruf verholfen.
Ich konnte von Beginn an mithelfen, diese gefährliche Situation zu bekämpfen. Ferner war und bin ich immer bestens informiert über den aktuellen Stand bzw. die angeordneten Maßnahmen in meinem Bundesland Bayern.
Dadurch lässt sich diese Zeit sehr gut für mich aushalten, weil ich ja auch ständig beschäftigt und ausgelastet bin. Dass ich dabei den Menschen meines Wohnortes und meines Landkreises helfen kann, erfüllt mich sehr. Ich versuche seit einem Jahr, den Bürgern mit viel Respekt, Empathie und Humor zu begegnen, um ihnen die Angst in und vor der Infektion zu nehmen, sie gut zu beraten, zu betreuen, mit ihnen zu lachen und sie zu impfen. 

Vielen Dank an Ute für die Eindrücke, wir wünschen ihr alles Gute für ihren weiteren Lebensweg.

Eure Ute,
Ärztin und Interviewpartnerin

Falls ihr noch weitere Informationen über die Tätigkeit als Impfärztin lesen möchtet, lest gerne noch unser Interview mit Josephine. Mehr Informationen über das Thema Impfen erhaltet ihr auf der Seite des Robert Koch-Institut.

Folge uns auf Instagram