Marleen während ihrer Famulatur in Jordanien

Famulatur in Jordanien – Pflicht mit Abenteuerlust verbinden

Pflicht mit Abenteuer- und Entdeckerlust verbinden! Das ist mein Motto für Famulaturen. In den vergangenen Jahren ging es daher für mich an den Chiemsee, nach Bremen und nach Garmisch-Partenkirchen. Doch für mich war klar, dass ich die Möglichkeit unbedingt nutzen wollte, mindestens eine Famulatur auch im Ausland zu machen. Nun war es endlich soweit! Die Corona-Pandemie neigte sich dem Ende. Die Grenzen waren für internationale Medizinstudierende wieder offen. Meiner Bewerbung stand also nichts mehr im Wege. Doch wohin sollte die Reise bei all den spannenden Möglichkeiten gehen? In der Restplatzliste der bvmd lachte mich ein Land besonders an: Jordanien. Und siehe da, ein paar Monate später packte ich meine Koffer, bereit für meine Famulatur in Jordanien. Das ist die Hauptstadt des Landes. Doch wieso wollte ich überhaupt ins Ausland? Warum nach Jordanien? Und was ist überhaupt die bvmd? Über all das möchte ich euch in den folgenden Zeilen berichten.

Die Reise ins Unbekannte – warum ich im Ausland famulieren wollte

Mein achtmonatiger weltwärts Freiwilligendienst auf den Philippinen nach dem Abitur weckte eine große Entdecker- und Abenteuerlust in mir. Ich liebe es, in mir unbekannten Ländern zu leben und dabei tief in die Kultur einzutauchen. Warum? Der direkte Austausch mit der einheimischen Bevölkerung und die tiefen Einblicke in die Werte, Traditionen und sozialen Strukturen helfen mir, meinen Blick zu weiten und zu lernen, über den Tellerrand zu schauen. Natürlich reise ich auch gerne. Doch wenn ich die Wahl habe, ziehe ich es vor, für einen gewissen Zeitraum vor Ort zu leben. Meiner Meinung nach nimmt man so ein Land wesentlich intensiver und vielschichtiger war. Es wird mehr Raum für gemeinsamen Austausch geschaffen, wie wenn man lediglich als Tourist die Hauptsehenswürdigkeiten des Landes bereist.

Gleichzeitig bietet sich durch eine Famulatur die Möglichkeit ein neues Gesundheitssystem kennenzulernen. Zugang zu einer gut ausgebauten, bezahlbaren Krankenversorgung zu haben stellt ein enormes Privileg dar. Nicht alle Menschen unserer Welt haben dazu die Möglichkeit. Mein Wunsch war es zu erfahren, wie bestmögliche Medizin mit weniger technischen und finanziellen Mitteln ausgeübt wird bzw. wer in der Gesellschaft überhaupt Zugang zu medizinischer Versorgung hat. Ich erhoffte mir, dass mir dadurch auch neue Perspektiven auf das eigene Gesundheitssystem ermöglicht würden.

Selbstverständlich ist eine Auslandsfamulatur mit Kosten verbunden. Neben der Unterstützung der bvmd (s.h. unten) habt ihr natürlich die Möglichkeit euch für Stipendien zu bewerben. Eine der Optionen finanziellen Support zu erhalten ist das Auslandsstipendium von jungmediziner.de. Eine Famulatur wird mit 250 € vergütet, ein PJ-Tertial sogar mit 500€. Falls ihr Fragen zur Bewerbung habt, meldet euch direkt bei den jungmedizinern. An dieser Stelle möchte ich mich noch mal ganz herzlich bedanken, dass ich eine der Glücklichen sein durfte. Probiert’s doch auch! Zu verlieren habt ihr nichts. Für mich war jeder Zuschuss, um den Monat umfassend erleben zu können, sehr willkommen.

Bundesvertretung für Medizinstudierende Deutschland

Bvmd, das steht für Bundesvertretung für Medizinstudierende Deutschland. Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss aller 40 Studienvertretungen deutscher Medizinfakultäten. Die Studierenden engagieren sich hierbei ehrenamtlich.

Was sind die zentralen Aufgaben?

Die bvmd vertritt die Interessen von uns Medizinstudierenden auf nationaler Ebene. Außerdem bietet sie eine Plattform für Studierenden, um sich über aktuelle Themen der Medizin auszutauschen. Zu guter Letzt ermöglicht die bvmd Auslandserfahrungen auf der ganzen Welt. Neben Famulaturen werden auch Forschungs- und Public Health Austausche angeboten. Die Möglichkeit, über die bvmd ins Ausland zu gehen, hat mich ganz besonders angelacht.

Warum bvmd?

Neue Menschen, eine neue Kultur und ein neues Gesundheitssystem kennenlernen. Neue Perspektiven erhalten und die eigene Persönlichkeit weiterentwickeln. Bei all dem wirst du von der bvmd umfassend unterstützt. Sei es der eigene Auslandsaufenthalt in über 90 Partnerländern oder die ehrenamtliche Betreuung von internationalen Studierenden an der eigenen Uni – die bvmd hat für jeden etwas spannendes im Gepäck! Entscheidest du dich für das Abenteuer im Ausland, wohnst du während des gesamten Monats in einer kostenlosen Unterkunft. Außerdem erhältst du mindestens eine kostenlose Mahlzeit pro Tag. Dir wird zudem der Kontakt zu einheimischen Studierenden vermittelt, die dir immer mit Rat und Tat zur Seite stehen. Gleichzeitig wird vor Ort ein tolles Social Programm angeboten. Das ermöglicht dir umfassend die eigene Stadt bzw. Land in Gemeinschaft zu erkunden.

Und wie kam ich auf die bvmd?

Ursprünglich wurde ich über meine Uni auf das Austauschprogramm aufmerksam. Vor zwei Jahren war ich bereits Kontaktperson eines italienischen Austauschstudenten. Von der bvmd war ich seit jeher begeistert. Als ich vergangenen Sommer meine Auslandsfamulatur organisierte, war ich für die reguläre Bewerbungsphase bereits zu spät. Ein Bekannter machte mich glücklicherweise auf die noch offene Restplatzliste aufmerksam. Von den angebotenen Ländern war ich sofort begeistert!

Kurze Zeit später hatte ich auch schon alle Unterlagen zusammen, um mich zu bewerben. Ganz oben auf meiner Liste stand Jordanien. Für mich bot das Land die perfekte Mischung aus einer spannenden kulturellen wie medizinischen Erfahrung in einer mir noch unbekannten Region. Ein Glück ließ die Zusage nicht lange auf sich warten. Juche! Meine Vorfreude stieg nun Tag für Tag exponentiell an. Ein paar Wochen und einige Klausuren später war es dann so weit. Der Tag der Abreise war endlich gekommen!

Famulatur in Jordanien

Angekommen in Amman – meine ersten Tage

Noch in Deutschland erfuhr ich, dass ich das Abenteuer nicht alleine bestreiten würde. Mit mir an Board waren Elena aus Spanien und Banda aus Deutschland. Gemeinsam teilten wir uns die Wohnung. Auch sonst verbrachten wir fast jede freie Minute zusammen. Die Sympathie war von Anfang an da!

Die Eindrücke in den ersten Tagen überschlugen sich. Das Kennenlernen meiner beiden tollen Mitstreiterinnen und unserer coolen jordanischen Kontaktpersonen. Das Einleben in unseren neuen vier Wänden in einer schönen, ruhigen Wohngegend. Das Erkunden der Vielseitigkeit Ammans mit seinem lebendigen Zentrum und antiken Sehenswürdigkeiten. Das Genießen der jordanischen Küche mit Hummus, Falafel und allen weiteren Köstlichkeiten. Das Eintauchen in die arabische Kultur. Kurzum, uns war alles andere als langweilig!

Über die Abteilung und das Krankenhaus – ein Volltreffer

In welchem Fach wollte ich eigentlich famulieren? Ich hatte mich im Vorhinein für die Radiologie entschieden. Zum einen hatte ich das Ziel, meine Kenntnisse in dem Fach aufzufrischen. Denn egal für welchen Facharzt man sich später entscheidet eine solide Basis in der Radiologie ist (fast) überall von Vorteil. Zum anderen wollte ich in einem Bereich arbeiten in dem die Arzt-Patienten-Kommunikation nicht im Zentrum steht. Wieso? Leider spreche ich kein Arabisch. Der Krankenhausalltag spielt sich allerdings überwiegend auf Arabisch ab. Die Radiologie hingegen hat den großen Vorteil, dass alle Berichte auf Englisch geschrieben werden. Somit konnte ich neben meinen Radiologie-Kenntnissen ebenfalls mein medizinisches Englisch verbessern – ein Volltreffer!

Und in welchem Krankenhaus fand die Famulatur in Jordanien statt? Von jordanischer Seite aus wurden wir in das Jordan Hospital in Amman eingeteilt. Dabei, handelt es sich um ein privates Krankenhaus. Das bedeutet, dass die Patienten entweder eine private Zusatzversicherung im Vorhinein abgeschlossen hatten. Oder sie verfügten über die finanziellen Mittel, um die Untersuchungen bzw. Behandlungen aus eigener Tasche zu bezahlen. Dementsprechend stammten die Patienten überwiegend aus der Mittel- und Oberschicht. Der Standard allgemein gesprochen war recht hoch. Das Krankenhaus war sogar über die Landesgrenzen für seine hohe Qualität bekannt. Daher reisten auch einige Patienten aus den Nachbarländern an, um die Behandlung im Jordan Hospital wahrzunehmen.

Ab ins Jordan Hospital – ein Eindruck meines Klinikalltags

Nachdem, wir uns ein paar Tage in Amman einleben konnten, war es endlich so weit. Der erste Kliniktag stand vor der Tür. Meine jordanische Kontaktperson sammelte uns drei ein und brachte uns jeweils auf unsere Station. Meine Abteilung bestand aus mehreren, sehr kompetenten Fachärzten und einer Schar lieber Assistenzärzte, die mich alle offen und herzlich aufgenommen haben. Vom ersten Tag an hat sich mein betreuender Arzt Dr. Faysal bestens um mich gesorgt. Er hatte sich zum Ziel gesetzt mir das Maximale an Lernmöglichkeiten in den kommenden Wochen zu bieten. Und das mit großem Erfolg! Ich habe, fachlich einiges lernen dürfen. Ziemlich sicher sogar mehr als bei einer Famulatur auf einer deutschen Krankenhausstation.

Wie sah mein Arbeitsalltag aus?

Meine Tage starteten zwischen 8 und 9 Uhr. Gegangen bin ich zwischen 14 und 15 Uhr. Eine Woche bin ich in den Ultraschall rotiert. Hier durfte ich immer wieder selbst am Patienten die Technik üben. Die übrigen Wochen schaute ich meist Dr. Faysal und seinen Kollegen über die Schulter, während sie die Röntgen-, MRT- oder CT-Bilder befundeten. Dabei war meine Rolle allerdings alles andere als passiv. Entweder stellten mir die Ärzte Fragen, um mich anzuregen, aktiv mitzudenken. Oft durfte ich selbst probieren, die Bilder mündlich zu befunden. Oder ich lauschte einfach den Erläuterungen der Ärzte. Sie erklärten von sich aus unglaublich viel! Natürlich hatte ich auch jederzeit die Möglichkeit, selbst Fragen zu stellen. So bald interessante Untersuchungen anstanden, wurde ich hinzugeholt. Sofern, mal nichts zu tun war, warteten spannende Unterhaltungen mit den Fach- oder Assistenzärzten auf mich.

Dr. Faysal fragte mich regelmäßig, ob ich für die verbleibende Zeit spezielle Wünsche hätte. Wie gesagt er wollte, dass ich für mich das Beste aus der Zeit mitnehme. Von seinem und dem Engagement seiner Kollegen war ich begeistert! Zu Hause bin ich noch nie einer so großen Schar lehrbegeisterter, motivierter und freundlicher Ärzte begegnet. Das Ziel, meine Radiologie- und medizinischen Englischkenntnisse aufzufrischen, habe ich somit mehr als erreicht. In der Radiologie zu famulieren war die beste Entscheidung, die ich hätte treffen können!

Auf Erkundungstour – zwischen Amman, Totem Meer und der Wüste

Die Nachmittage und Abende nach der Klinik blieben uns frei, um Amman inklusive Umgebung zu erkunden. Entweder gingen nur wir drei Mädels auf Erkundungstour oder gemeinsam mit unseren jordanischen Kontaktpersonen. In der großen Gruppe machte es auch gleich noch mehr Spaß! So düsten wir einen Nachmittag raus in die Natur, um den Sonnenuntergang während eines Pferderitts zu genießen. Einen anderen Tag ging es nach Jerash. Das ist eine antike historische Stätte aus der Zeit der Römer. Sonst fuhren wir gerne ins Zentrums Ammans, besuchten die antiken Ruinen oder ließen uns einfach vom Leben der Stadt treiben.

Unsere Kontaktpersonen kümmerten sich während des Monats rührend um uns. Sie standen uns stets mit Rat und Tat zur Seite. Gastfreundlichkeit wird in Jordanien großgeschrieben und gelebt. Die Truppe allgemein war super nett, witzig und gesellig. Wir haben viele tolle, gemeinsame Stunden erlebt. Genügend Zeit und Raum für spannenden kulturellen, religiösen oder politischen Austausch wurde ebenfalls geschaffen. Die Möglichkeit mit gleichaltrigen Einheimischen in Kontakt zu treten, ist für mich einer von vielen herausragenden Vorteilen die Famulatur über die bvmd zu organisieren.

Unsere Wochenenden waren meist größeren Ausflügen gewidmet. Einmal ging’s mit zwei der Jordanier ans Tote Meer. Ein anderes Mal fuhren wir mit dem Mietwagen ins Golden Triangle im Süden Jordaniens. Das heißt nach Petra, einer antiken Felsenstadt, die zu den neuen sieben Weltwundern gehört. Außerdem nach Wadi Rum, einer einzigartigen Wüste, die einen glauben lässt auf dem Mars zu sein. Und Aqaba, einer Stadt am Roten Meer, dem Schnorchel- und Tauchparadies schlechthin. Das letzte Wochenende war von Ramadan geprägt. Das öffentliche Leben war somit sehr heruntergefahren, die kulturelle Erfahrung dennoch spannend.

Die Küche, Land und Leute – in die Kultur eintauchen

Die arabische Küche darf natürlich auch nicht unerwähnt bleiben: Egal ob als Vegetarier vor Ort oder nicht – an jeder Straßenecke wartet ein richtiger Gaumenschmaus! Amman bietet tolle Imbisse, stylische Restaurants oder gemütliche Cafés mit Flair. Abends gingen wir total gerne in der Stadt essen. Dabei probierten wir uns durch jegliche Speisekarten hindurch. Ich lieb’s! In den späten Abendstunden trafen wir oft unsere jordanischen Freunde zum Quatschen in einem Café, einer Bar oder um das Nachtleben Ammans zu erkunden.

Abschließend noch ein paar Worte zur Kultur, Land und Leute: Ich habe Amman als eine sehr offene Stadt erlebt. Als Touristen wurden wir sehr willkommen geheißen. Ich selbst habe mich zu keiner Zeit unsicher gefühlt. Viele Vorurteile, die Jordanien als arabisches Land entgegengebracht werden, kann ich nun noch überzeugter entkräften. Jordanien ist sowohl von innen bezogen auf die (gast-)freundlichen Menschen, als auch von außen mit seinen wunderschönen Sehenswürdigkeiten eine tolle Wahl für eine Famulatur.

Aussicht in Amman

Eine toller Monat neigt sich dem Ende – mein Fazit

Ich selbst bin ohne Erwartungen angereist. Mein Ziel war es, mich 100 % auf das Abenteuer einzulassen und überraschen zu lassen. Mein Fazit: Die Zeit war fantastisch! Ich durfte kulturell, sprachlich, kulinarisch, politisch und wirtschaftlich so vieles über Land und Leute lernen. Außerdem konnte ich ein weiteres Gesundheitssystem kennenlernen, das mir neue Perspektiven auf unseres ermöglicht hat. Ich durfte neue Facetten an mir selbst entdecken und mich in vielerlei Hinsicht weiterentwickeln. Und zu guter Letzt sind fantastische Menschen in mein Leben getreten, die diesen Monat zu etwas ganz Besonderem gemacht haben. Ich kann jedem nur ans Herz legen, den Schritt ins Unbekannte zu wagen. Ihr werdet Erfahrungen machen, die euch tiefgehend bereichern werden. Und zusätzlich Erinnerungen schaffen an die euch noch lange mit einem Lächeln im Gesicht zurückerinnern werdet.

In diesem Sinne alles Gute für euer Studium inklusive eurer Famulaturen!

Eure Marleen,
Medizinstudentin an der Universität Würzburg und Campus Captainin bei jungmediziner.de

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