Traum vom Medizinstudium: Interview mit MFA-Azubi Celina
Medizin studieren mit einem NC von 2,6 – geht das denn?
Dass es heutzutage alles andere als einfach ist, einen Studienplatz für Medizin zu bekommen ist kein Geheimnis. Da reicht auch kein 1,0 Abitur mehr – aber wie können Medizininteressierte dann an einen der heiß begehrten Studienplätze kommen? Glücklicherweise gibt es mittlerweile etliche Wege, um den Traum vom Medizinstudium doch noch wahr werden zu lassen.
Um Euch einen echten Einblick in den Weg zum Medizinstudienplatz zu geben, haben wir ein Interview mit MFA-Azubi Celina geführt. Sie nimmt ihre Community über ihren Instagram-Account @einfach.medizinstudentin täglich mit auf ihre Reise zum Medizinstudium.
Hey Celina, stell dich gerne kurz vor :)
Mein Name ist Celina und ich befinde mich aktuell mitten in meiner Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten. Medizin studieren – das war schon immer mein Traum. Leider hatte ich im Jugendalter ganz andere Dinge im Kopf als Schule oder meine berufliche Zukunft und auf meine Noten habe ich eher keinen Wert gelegt. Kurz vor dem Abitur wurde mir das alles schmerzlichst bewusst aber ich war fest davon überzeugt, dass bereits alle Hoffnung auf eine Zukunft als Ärztin verloren war. Ein Studium mit einem NC von 2,6 war damals (2016) undenkbar. Ich schlug mir also diesen Traum aus dem Kopf und studierte Englisch und Geschichte auf Lehramt – für mich eine tolle Option aber am Ende war es doch nicht das was mich glücklich machen sollte. Entgegen aller Ratschläge von Freunden und Familie brach ich das Studium ab, um nun doch alles dafür zu tun meinen Weg ins Medizinstudium zu finden.
Wieso hast Du eine Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten gewählt?
Als ich 2022 mein Studium abgebrochen hatte war ich bereits 24 Jahre alt (oder auch jung, das kommt immer auf die Sichtweise an). Das Alter war ein Thema, welches mich lange Zeit sehr beschäftigt hat. Viele Menschen in meinem Umfeld wiesen mich immer wieder darauf hin, dass ich mit 24 “nichts vorzuweisen” hätte und mir Gedanken um meine Rente machen müsse – als wären mir diese Gedanken nicht selbst auch ständig im Kopf herumgeschwirrt. Der Druck von außen ist enorm: jungen Menschen wird vermittelt, dass sie ohne Abschluss nichts wert sind und eine Pause zur Selbstfindung (“Gap-Year”) wird selten toleriert oder ernst genommen. Ich informierte mich intensiv über sämtliche Möglichkeiten einen Medizinstudienplatz zu erhalten: FSJ, Ausbildungen, Landarztquote, TMS, Auslandsstudium, Ehrenamt, privates Studium in Deutschland – es gibt wirklich viele Optionen und ich möchte hier kurz erklären, wieso ich mich für eine Ausbildung entschieden habe.
Einige meiner engsten Freunde sind Medizinstudent:innen und ich war und bin natürlich regelmäßig im Austausch mit ihnen:
Was sie mir immer wieder sagten war, dass die Studierenden, die eine Ausbildung absolviert hatten, eigentlich immer im Vorteil sind.
Sie haben einfach eine gute Vorbildung und vor allem praktische Erfahrung. Die Praxis kommt allgemein etwas zu kurz in den meisten Fällen (muss nicht auf jede Universität zutreffen, wurde mir aber schon von vielen Medizinstudierenden so übermittelt). Ein weiterer Punkt: das Finanzielle. Ausbildungen im medizinischen Bereich werden mittlerweile gut vergütet. Das hat für mich auch dann die Option FSJ übertrumpft, denn da gibt es für eine Vollzeitstelle leider nur ein sehr geringes Gehalt (heißt ja auch Freiwilligendienst bzw. Soziales Jahr). Nachdem ich also wusste, dass es eine Ausbildung werden sollte war meine erste Wahl die Pflegeausbildung. Das Gehalt in der Ausbildungszeit ist super und man lernt direkt den Krankenhausalltag kennen – eigentlich perfekt oder?
Es gibt aber auch Nachteile, ganz besonders die Schicht- & Wochenendsdienste. Bei der Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten (ehemalig “Arzthelferin”) sind im Normalfall eher geregelte Arbeitszeiten von montags bis freitags an der Tagesordnung. Dafür ist die Vergütung in der Ausbildung geringer und man ist in den meisten Fällen auf einen Fachbereich beschränkt. Für mich war am Ende die Dauer der Ausbildung entscheidend. In Nordrhein-Westfalen ist es nämlich möglich die MFA-Ausbildung bei guten Noten auf insgesamt 1,5 Jahre zu verkürzen – die Generalistische Pflegeausbildung kann maximal auf 2 Jahre verkürzt werden. Ich habe mich dann für eine Hausarztpraxis entschieden, da ich eben nicht bloß einen Fachbereich kennenlernen wollte und dies die erste Anlaufstelle für Patient:innen mit allen möglichen Beschwerden ist.
Was lernt man denn alles in der MFA-Ausbildung?
Ich arbeite jetzt seit mehr als 8 Monaten als MFA-Azubi in einer Hausarztpraxis und bereue diese Entscheidung nicht. Durch meine Verkürzung bin ich direkt im 2. Lehrjahr eingestiegen und in der Berufsschule ging es sofort mit der Anatomie und Physiologie des Herzens los. Neben Medizinischer Assistenz gibt es noch die Fächer Patientenbetreuung und Abrechnung, Praxismanagement, Writschaft und Sozialprozesse aber auch Englisch und Religion. Dabei geht es in Medizinischer Assistenz vor allem um die Anatomie und Physiologie des menschlichen Körpers, aber auch um die praktischen Aufgaben der MFA’s wie Blutabnahmen, Impfungen, Infusionsvorbereitungen, Spritzen aufziehen, das Anlegen von Pflastern und Verbänden, Blutdruckmessen, Durchführen von diagnostischen Tests (EKG schreiben etc.) und Handlungsanweisungen für Notfälle. In den anderen Fächern lernen wir viel über die Verwaltungsaufgaben, die vor allem in Arztpraxen anfallen.
Schritt 2: TMS – Test für medizinische Studiengänge
Mittlerweile führt fast kein Weg mehr an diesem Test vorbei. Selbst die Top- Abiturient:innen müssen für ihre Wunschunis sehr häufig darauf zurückgreifen. Für mich war klar, dass aufgrund meines eher schlechteren NC’s von 2,6 die Teilnahme am TMS schwer zu umgehen sein würde, denn nicht alle Universitäten in Deutschland legen wert auf eine abgeschlossene Ausbildung im medizinischen Bereich bzw. nicht ausschließlich auf eine solche Ausbildung. Häufig wird in einer Quote mehr als nur eine Sache berücksichtigt, meistens in Kombination mit dem TMS-Ergebnis. Das ganze Verfahren ist komplex und unterscheidet sich von Uni zu Uni. Schaut euch hierzu gerne mal den Jungmediziner-Blogpost zum Thema „Erfolgreich zum Medizinstudienplatz“ an.
Die Vorbereitung auf den Medizinertest ist nicht zu unterschätzen. Die zahlreichen Teilnehmenden lernen wochenlang intensiv für diesen Test. Der TMS darf zweimal im Leben absolviert werden, dabei dürfen beide Versuche maximal ein Jahr auseinander liegen. Meinen ersten Versuch habe ich bereits hinter mir: am 13. Mai habe ich nach 7 Wochen „Teilzeit-Vorbereitung“ neben der Ausbildung am Test teilgenommen. Das Ergbnis steht noch aus aber die Lernphase war wirklich anstrengend und ich würde es kein zweites Mal neben der Ausbildung machen. Dank der Ausbildung brauche ich jedoch kein allzu gutes Ergebnis und ich habe ja immer noch einen zweiten (und letzten) Versuch im Mai nächstes Jahr.
Wie stehen denn nun meine Chancen auf einen Studienplatz?
Wie bereits erwähnt legt nicht jede Universität in Deutschland wert auf eine abgeschlossene Ausbildung. Die Unis, bei denen das so ist vergeben auch nur wenige Plätze auf diesem Wege. Gute Chancen hat man mit einer Berufsausbildung und einem guten TMS-Ergebnis zum Beispiel in Aachen, Dresden, Göttingen, Greifswald, Hannover, Jena, oder Saarbrücken (Stand Mai 2023). Die Quoten ändern sich aber immer wieder und der Trend geht eher in die Richtung, dass Berufsausbildungen und Berufserfahrung einen immer höheren Stellenwert erhalten.
Sollte es also mit meinem TSM und der Berufsausbildung nicht reichen gibt es immer noch die Option dem Beruf MFA für 1-3 Jahre nachzugehen, um dann an Universitäten wie zum Beispiel der Charité in Berlin, die in der ZEQ auch Punkte für Berufserfahrung vergeben, einen Studienplatz zu erhalten. Auch bei der Landarztquote wird die Berufsausbildung immer bedeutender. Am 30. Juni werden die Ergebnisse des Frühjahrs- TMS verschickt – bis dahin gehe ich weiterhin täglich meiner Arbeit als MFA nach und kann dann hoffentlich im November bereits meine Abschlussprüfung schreiben. Irgendwie ist nichts so richtig gewiss aber ich bleibe dran und halte euch auf dem Laufenden – es bleibt spannend!
Ich nehm‘ Euch mit auf meine Reise ins Medizinstudium! – Celina
Instagram Celina: @einfach.medizinstudentin
Mehr Infos & Tipps findet ihr in unseren Erfahrungsberichten auf unserem Jungmediziner-Blog.
Interview mit MFA-Azubi Celina
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