Blutzuckertracking im Ausdauersport
Die Wissenschaft hinter der Optimierung der Triathlon-Leistung durch Blutzuckertracking
Medizinstudentin Sophia Trenz kam in Südafrika auf einer Reise das erste mal mit Triathlon in Berührung. Seit 2019 ist sie begeisterte Triathletin und hat bereits erfolgreich am Ironman teilgenommen. Da sie sich somit nicht nur in der Humanmedizin sondern auch im Hochleistungssport auskennt, beleuchtet Sophia uns in diesem Bericht die Wissenschaft hinter der Optimierung der Triathlon-Leistung durch Blutzuckertracking im Ausdauersport.
Triathlon, eine der anspruchsvollsten Ausdauersportarten, erfordert nicht nur körperliche Fitness, sondern auch eine präzise Kontrolle des Energiehaushalts, um Spitzenleistungen zu erzielen. Doch wie kann das Monitoring des Blutzuckerspiegels Athletinnen und Athleten dabei unterstützen, ihre Leistung zu maximieren und ihre Ziele zu erreichen?
Die ständige Suche nach Verbesserung und Optimierung der Performance fasziniert mich sowohl als Medizinstudentin im letzten Semester als auch als leistungssportliche Triathletin. Dabei ist mir immer wieder aufgefallen, dass der Blutzuckerspiegel im Triathlon für mich noch eine nicht so durchsichtige Variable darstellt, die wenn ich sie besser kontrollieren könnte meine Leistung im Triathlon positiv beeinflussen kann. Ich habe also versucht mein Wissen aus dem Medizinstudium einzusetzen und so eine Verpflegungsstrategie zu entwickeln, die mich in Zukunft besser durch die Wettkämpfe bringen soll. In diesem Artikel werde ich meine Erfahrungen mit dem Blutzuckertracking im Sport teilen und die wissenschaftlichen Erkenntnisse hinter dieser Methode beleuchten.
Warum hast Du dich dazu dazu entschieden, deinen Blutzucker zu tracken?
Triathlon ist ein äußerst datenbasierter Sport. Jeder Aspekt unserer Leistung kann anhand von Daten ermittelt und analysiert werden. Von der VO2 Max bis hin zu Split-Zeiten gibt es eine Vielzahl von Metriken, die uns Einblicke in unsere Leistungsfähigkeit geben. Doch trotz dieser Fülle an Daten fehlte mir bisher eine wichtige Variable: die präzise Kontrolle meiner Wettkampfverpflegung. Die Herausforderung der Ernährung im Langdistanz-Triathlon liegt in der Balance zwischen der Zufuhr von ausreichend Kohlenhydraten zur Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit und der Vermeidung von Magen-Darm-Beschwerden aufgrund einer Überbelastung des Verdauungssystems.
In der Vergangenheit habe ich mich oft auf allgemeine Richtlinien und Schätzungen gestützt, um meine Ernährungsstrategie zu planen. Doch das war eine „Blackbox“ – ich wusste nie genau, ob ich genug oder zu viel Energie zugeführt hatte, bis ich es im Rennen spürte. Die Suche nach einem präziseren Ansatz und die Glucose Sensoren, die auch beim Diabetes eingesetzt werden, brachten mich auf die Idee, dass ein solches Monitoring auch für mich aufschlussreich sein könnte. Im folgenden möchte ich euch einmal erzählen auf welche Erkenntnisse ich dabei bisher gestoßen bin.
Sophias Erkenntnisse durch das Blutzuckertracking:
Meine Experimente mit dem Glucose-Sensor haben mir wertvolle Einblicke in die Dynamik meines Blutzuckerspiegels während des Trainings gegeben. Hier sind einige meiner wichtigsten Erkenntnisse:
Individuelle Kohlenhydratverträglichkeit:
Ein Gel, das ich zuvor für optimal hielt, führte zu unerwarteten Blutzuckerschwankungen während eines Laufs. Die Zusammensetzung von Glucose und Fructose in verschiedenen Gelen kann die Resorption und Verträglichkeit beeinflussen.
Zyklusabhängige Insulinreaktion:
Mein Körper reagierte während bestimmter Phasen meines Menstruationszyklus unterschiedlich auf Kohlenhydrate, was die Bedeutung einer individuellen Anpassung der Ernährung unterstreicht. Bei Frauen durchläuft der Körper während des Menstruationszyklus verschiedene hormonelle Veränderungen, die sich auf zahlreiche physiologische Prozesse auswirken, darunter auch die Insulinantwort. Während des Menstruationszyklus schwanken die Spiegel von Östrogen und Progesteron, was verschiedene Effekte auf den Stoffwechsel hat, einschließlich der Art und Weise, wie der Körper auf Kohlenhydrate reagiert. Das würde an dieser Stelle jetzt aber zu weit führen, deshalb wird dazu noch einmal ein eigener Artikel folgen.
Trainingseinheiten erfordern mehr Kohlenhydrate als erwartet:
Die Menge an Kohlenhydraten, die ich während des Trainings benötige, war höher als meine ursprünglichen Schätzungen, um den Blutzuckerspiegel stabil zu halten. Insgesamt habe ich durch die erhöhte Kohlenhydratzufuhr während des Trainings am Ende sogar Gewicht verloren, obwohl ich ansonsten nicht viel verändert habe. Das führe ich darauf zurück, dass mein Körper zuvor vermutlich mehr Cortisol ausgeschüttet hat als Antwort auf den Stress, dem ich ihn ausgesetzt habe durch den Energie Mangel.
Einfluss der Verabreichungsform von Kohlenhydraten:
Flüssige Kohlenhydrate erwiesen sich als besser steuerbar und verträglicher als feste Formen. Die flüssigen Kohlenhydrate konnten von meinem Körper besser und schneller resorbiert werden, so dass ich auf einen abfallenden Blutzuckerspiegel schneller reagieren konnte. Auch waren diese während der Belastung besser Magen- verträglich.
Vorbereitung vor dem Training:
Eine strategische Zufuhr von schnell verfügbaren Kohlenhydraten vor intensiven Einheiten verbesserte die Stabilität meines Blutzuckerspiegels während des Trainings. Für mich haben sich kurzkettige Kohlenhydrate also beispielsweise ein Gel, Traubenzucker oder eine Banane etwa 20 Minuten vor der Einheit als am effektivsten erwiesen.
Nachwirkungen der Trainingsernährung:
Die Kohlenhydrataufnahme nach dem Training beeinflusst die Blutzuckerstabilität für den restlichen Tag und kann sich auf die Leistungsfähigkeit der nächsten Einheit auswirken. Durch einen stabileren Blutzucker im Laufe des Tages kann der Körper besser regenerieren und sich so auf die nächste Einheit vorbereiten.
Weitere Einflussfaktoren auf den Blutzucker:
Neben der Kohlenhydratzufuhr spielen Schlaf, Stress und die Mikro- und Makronährstoffzusammensetzung eine Rolle bei der Regulation des Blutzuckerspiegels. Schlaf, Stress und Mikronährstoffe spielen alle eine wichtige Rolle bei der Regulation des Blutzuckerspiegels und können die Insulinantwort und die Glukoseverwertung beeinflussen.
Schlaf:
Ausreichender Schlaf ist entscheidend für die Regulation des Stoffwechsels und die Insulinsensitivität. Schlafmangel kann zu einer Insulinresistenz führen, was bedeutet, dass die Zellen des Körpers weniger empfindlich auf Insulin reagieren und daher Schwierigkeiten haben, Glukose aus dem Blut aufzunehmen. Dies kann zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels führen. Darüber hinaus kann unzureichender Schlaf den Hormonhaushalt beeinträchtigen und zu einer erhöhten Freisetzung von Stresshormonen wie Cortisol führen, was ebenfalls die Insulinwirkung beeinträchtigen kann.
Stress:
Chronischer Stress kann ebenfalls zu einer Insulinresistenz führen und die Blutzuckerkontrolle beeinträchtigen. Unter Stress setzt der Körper vermehrt Hormone wie Adrenalin und Cortisol frei, die den Blutzuckerspiegel erhöhen können, indem sie die Freisetzung von Glukose aus der Leber stimulieren und die Glukoseaufnahme in die Zellen verringern. Auch für die beiden Faktoren Schlaf und Stress habe ich eine Möglichkeit gefunden, diese besser messbar zu machen und in die Trainingsdaten mit einzubeziehen. Aber auch darum soll es in einem anderen Beitrag gehen, damit es an dieser Stelle nicht zu lang wird.
Mikronährstoffe:
Verschiedene Mikronährstoffe, einschließlich Vitaminen und Mineralstoffen, spielen eine wichtige Rolle bei der Regulation des Blutzuckerspiegels. Zum Beispiel kann ein Mangel an Magnesium die Insulinempfindlichkeit beeinträchtigen und zu einem erhöhten Risiko für Insulinresistenzen führen. Vitamin D-Mangel wurde ebenfalls mit einer gestörten Glukosetoleranz in Verbindung gebracht. Eine ausgewogene Ernährung, die reich an Mikronährstoffen ist, kann daher dazu beitragen, die Blutzuckerkontrolle zu verbessern und das Risiko für Stoffwechselungleichgewichte verringern. Auf die einzelnen Mikronährstoffe und eine sinnvolle Ernährung im Leistungssport möchte ich auch an anderer Stelle noch einmal eingehen.
Sophias Fazit zum Blutzuckertracking
Die Anwendung des Glucose-Sensors hat meine Fähigkeit verbessert, die Bedürfnisse meines Körpers während des Trainings und im Wettkampf genau zu verstehen und zu erfüllen. Durch das Monitoring meines Blutzuckerspiegels kann ich meine Ernährungsstrategie individuell anpassen und meine Leistungsfähigkeit optimieren. Insgesamt würde ich sagen, dass ich dadurch ein besseres Körpergefühl erlangt habe und besser verstehe wann mein Körper was benötigt.
Ein interessanter Aspekt, den ich während meiner Experimente feststellte, war die Parallele zwischen dem Blutzuckertracking beim Sport und dem Lernen als Medizinstudentin. Wie das Gehirn während des Lernens eine konstante Zufuhr von Glukose benötigt, um optimal zu funktionieren, erfordert auch der Körper während des Sports eine präzise Versorgung mit Energie, um seine Leistung aufrechtzuerhalten. Die Schwankungen, die mir zum Teil beim Sport aufgefallen sind konnte ich tatsächlich auch beim Lernen feststellen. Eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Energiezufuhr ist also im Medizinstudium genauso relevant.
Insgesamt hat das Blutzuckertracking meine Fähigkeit verbessert, meine Leistung im Triathlon zu optimieren und mich gleichzeitig als Medizinstudentin für die Bedeutung einer individuell angepassten Ernährung sensibilisiert. Die Verbindung zwischen Medizin und Sport bietet ein spannendes Forschungsfeld, das nicht nur meine persönliche Entwicklung vorantreibt, sondern auch zu neuen Erkenntnissen und Innovationen in beiden Bereichen führt.
Ein Bericht von Medizinstudentin Sophia Trenz für jungmediziner.de
Im Blogpost „Glucose und der menschliche Stoffwechsel“ von Medizinstudentin Marleen findet ihr passend zum Thema spannende Grundlagen rund um Glucose & Co.
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